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Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu den Betriebskosten 2016
BGH, Urteil vom 21.08.2018 – VIII ZR 188/16
Fensterreinigung: Muss der Vermieter starre Loftaußenfenster auf eigene Kosten reinigen lassen?
Die Reinigung der Fensteraußenflächen obliegt auch dann dem Mieter, wenn es sich um außergewöhnlich große, und größtenteils nicht zu öffnende Fenster handelt (hier: Loftfenster).
Der Fall: Der Mieter eines Lofts verlangt vom Vermieter, dass er mindestens vierteljährlich die Außenfenster reinigen lässt. Die Fenster haben je eine Fläche von 1,3m x 2,75 m, wobei sich nur eine Fläche in der Mitte von 0,6 m x 1,25 m öffnen lässt. Der Vermieter lässt die Fensterfassade zweimal jährlich (April und Oktober) ohne Anerkennung einer Rechtspflicht durch ein Unternehmen auf eigene Kosten reinigen. Der Mieter verlangt mit seiner Klage vom Vermieter eine vierteljährliche Reinigung der nicht zu öffnenden Glassegmente, weil diese witterungsbedingt schnell verschmutzten, was den Blick nach außen beeinträchtige und den Wohnwert mindere. Für ihn selbst sei die Reinigung der starren Teile mit großen Schwierigkeiten verbunden.
Das Amtsgericht weist die Klage des Mieters ab. Auf dessen Berufung gibt das Landgericht ihr teilweise statt und verurteilt den Vermieter zur Reinigung einmal je Kalenderhalbjahr, im Übrigen weist es die Klage ab. Es lässt die Revision zur Frage zu, ob und wie oft ein Vermieter teilweise nicht zu öffnende Fensteraußenflächen einer (Loft-)Wohnung des Mieters zu reinigen habe. Der Mieter legt die Revision ein.
Die Entscheidung: Der BGH weist darauf hin, dass das Rechtsmittel des Mieters keinen Erfolg habe. Es bestehe schon kein Grund für die Zulassung der Revision, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung habe, noch aus dem Gesichtspunkt der Fortbildung des Rechts eine Entscheidung erfordere. Die aufgeworfene Frage sei weder in Rechtsprechung streitig, noch werde er in der mietrechtlichen Fachliteratur erörtert.
Die Revision habe auch keine Aussicht auf Erfolg. Anders als das Berufungsgericht sieht der BGH die Reinigung von Fensterscheiben nicht als Pflicht des Vermieters. „Denn der Vermieter schuldet dem Mieter keine Erhaltung der Mietsache in einem jeweils gereinigten Zustand; bloße Reinigungsmaßnahmen sind dementsprechend nicht Bestandteil der instandhaltungs- oder Instandsetzungspflicht des Vermieters.“ Dies gelte auch dann, wenn die Reinigung aufgrund der örtlichen Gegebenheiten (hier: starre Fenstersegmente) mit Schwierigkeiten verbunden sei. Sollte die Reinigung nicht vom Mieter persönlich geleistet werden können, müsse er sich beispielsweise professioneller Hilfe bedienen.
Anmerkung prozessualer Verlauf: Aufgrund des Hinweisbeschlusses nahm der Mieter die Revision zurück. Das landgerichtliche Urteil, womit der Vermieter zur halbjährlichen Reinigung verpflichtet wurde, wurde damit rechtskräftig. Hätte der Vermieter selbst Revision eingelegt, hätte der BGH dieses Urteil aufgehoben. So muss nun aber der Vermieter, obwohl der BGH feststellte, dass keine entsprechende Pflicht des Vermieters besteht, künftig zweimal im Jahr die Außenfenster auf eigene Kosten reinigen lassen.
LG Berlin, Beschl. v. 12.07.2018 – 67 S 105/18
Baulärm: Wann kann der Mieter mindern?
Der Mieter kann wegen Baulärms auch dann mindern, wenn der Lärm nicht vom Vermieter verursacht ist und der Vermieter keine Abwehr- oder Entschädigungsansprüche gegen den Verantwortlichen des Baulärms hat.
Der Fall: Der Mieter mindert wegen Baulärms die Miete. Der Vermieter erhebt Klage auf Zahlung der Miete. Er meint, ein Minderungsrecht bestehe nicht, weil er selbst keine Abwehr- oder Entschädigungsansprüche gegen den Bauherrn habe.
Hintergrund Minderung wegen Lärms: Nachdem Baulärm nach früherer Rechtsprechung unproblematisch einen Mangel der Mietsache darstellte, ging sie in den letzten 10 Jahren zur sog. Baulückenrechtsprechung über. Danach lag bei Baulärm dann kein Mangel vor, wenn dieser bei Vertragsabschluss absehbar war. Dies sollte z.B. der Fall sein, wenn bei Vertragsschluss eine Baulücke vorlag, die nun bebaut wird (LG Berlin, Urteil vom 17.03.2007, Az. 63 S 155/07) oder wenn der Mieter in ein sanierungsbedürftiges Viertel zieht (LG Gießen, Urteil vom 15.12.2010, Az. 1 S 210/10). Im Urteil vom 19. Dezember 2012 - VIII ZR 152/12 verneinte des BGH eine Minderung wegen erhöhter Lärmbelästigung aufgrund einer zeitweiligen straßenbaubedingten Umleitung des Verkehrs: Der Mieter einer Wohnung in Innenstadtlage müsse jederzeit mit Straßenbauarbeiten größeren Umfangs und längerer Dauer rechnen, so dass er eine vorübergehende erhöhte Lärmbelastung grundsätzlich hinzunehmen habe, wenn sie sich innerhalb der in solchen Innenstadtlagen üblichen Grenzen halte.
In seiner sog. Bolzplatzentscheidung vom 29.04.2015 – VIII ZR 197/14 entschied der BGH, dass erhöhte Geräuschimmissionen, die von einem Nachbargrundstück ausgehen,
grundsätzlich keinen gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung darstellen, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr-oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss.
Denn sei der Vermieter habe regelmäßig keinen Einfluss darauf, dass
die zu Mietbeginn bestehenden Verhältnisse während der gesamten Dauer des
Mietvertrages unverändert fortbestehen. Der Mieter könne daher im Allgemeinen
nicht erwarten, dass der Vermieter die vertragliche Haftung für den Fortbestand
derartiger "Umweltbedingungen" übernehmen will. Vielmehr nehme er an der Situationsgebundenheit des Grundstücks teil.
Die Entscheidung: Das Landgericht wies ebenso wie das Amtsgericht die Zahlungsklage des Vermieters ab. Der Mieter habe wegen des Baustellenlärms ein Minderungsrecht gehabt. Die Beeinträchtigungen hätten sich aufgrund der eingereichten Lichtbilder und des unstreitigen Umfangs des Bauvorhabens bereits prima facie ergeben. Die Vorlage eines tage- und stundengenauen Protokolls sei nicht erforderlich. Die auf die Mietsache einwirkenden erheblichen Bauimmissionen stellten einen Mangel der Mietsache dar. Dies entspreche der ständigen Rechtsprechung der Kammer sowie des XII. Zivilsenats des BGH (Urt. v. 23.04.2008 - XII ZR 62/06) und auch des VIII. Zivilsenats (BGH, Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 343/08). Keine Rolle spiele, ob dem Vermieter gegenüber des Störers Abwehr- oder Entschädigungsansprüche nach § 906 BGB zustehen, weil es anderenfalls allein dem Zufall unterworfenen rechtlichen Beziehungen des Vermieters zum Störer abhängen würde, ob der Mieter zur Minderung berechtigt sei, Das sei mit den §§ 535 ff BGB bewusst verursachungs- und verschuldensunabhängig ausgestalteten Gewährleistungskonzept des Gesetzgebers unvereinbar. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der sog. Bolzplatzentscheidung des BGH (VIII ZR 197/14). Diese habe lediglich die Folgen dauerhafter Umweltveränderung betroffen und sei im Fall einer lediglich vorübergehenden baubedingten Umweltveränderung nicht einschlägig. Würde man von ihrer Einschlägigkeit ausgehen, stünde sie im unauflösbaren Widerspruch zur gegenteiligen – und von der Kammer uneingeschränkt geteilten- Rechtsprechung des XII. Zivilsenats. Aber selbst bei Anwendung der Grundsätze der Bolzplatzentscheidung würde vorliegend eine Minderung bejaht werden müssen, weil eine ergänzende Auslegung des Mietvertrags zwar zu einer Suspendierung der Vermieterpflichten gem. § 535 Abs. 1 BGB im Falle von Baustellenlärms führen würde, weil der Vermieter den Mangel nicht selbst beseitigen kann. Allerdings wären sie als redliche Vertragspartner gleichzeitig davon ausgegangen, dass den Mietern im Gegenzug ein Anspruch auf Herabsetzung der Miete zustehen solle.
Anmerkung: Die sog. Bolzplatzentscheidung erfuhr und erfährt viel Kritik, weil sie sich weit entfernt vom mietvertraglichen Grundsatz, dass der Vermieter dafür einzustehen hat, dass die Mietsache dem vertragsgemäßen Gebrauch entspricht. Insofern haftet der Vermieter für sog. Umwelteinwirkungen auch dann, wenn er sie nicht zu vertreten hat. Das ist Teil seines Risikos. Insofern ist die Tendenz in der Instanzrechtsprechung festzustellen, die Bolzplatzentscheidung nicht anzuwenden oder zu umgehen. So soll z.B. nach dem Urteil des LG München (14. Januar 2016, 31 S 20691/14, GE 2017, 356) der Vermieter die Beweislast dafür haben, dass er keine Entschädigungsansprüche gegen den Störer hat. Nach einer Entscheidung des AG Köpenick gelten die Grundsätze des BGH dann nicht, wenn es sich um besonders lärmintensive Arbeiten (dort: Flügelglättarbeiten) handelt (AG Köpenick, Urt. v. 11.07.2017 – 7 C 391/16, GE 2018, 61).
BGH, Urt. v. 5. Dezember 2018 - VIII ZR 271/17 und VIII ZR 67/18
Schimmel: Kann der Mieter bei bloßer Schimmelgefahr mindern?
Auch wenn aufgrund der Bauweise des Gebäudes eine konkrete Schimmelgefahr besteht (hier. Wärmebrücken), scheiden Gewährleistungsansprüche des Mieters aus, wenn das Gebäude den bei der Erbauung maßgeblichen DIN-Vorschriften entspricht.
Der Fall: Es geht um zwei Mietwohnungen in Gebäuden, die in den Jahren 1968 und 1971 unter Beachtung der damals geltenden Bauvorschriften und technischen Normen errichtet wurden. In den Wohnungen besteht aufgrund von Wärmebrücken ein Risiko der Schimmelpilzbildung. Der gerichtliche Sachverständige kam zum Ergebnis, dass eine Schimmelpilzbildung nur dann vermieden werden könne durch ein täglich zweimaliges Stoßlüften von rund 15 Minuten beziehungsweise ein täglich dreimaliges Stoßlüften von rund 10 Minuten und sich im Falle von "Querlüften" (gleichzeitiges Öffnen mehrerer Fenster) die erforderliche Lüftungszeit auf ein Drittel der angegebenen Zeiten reduziere.
Die Mieter machen aus diesem Grund Gewährleistungsansprüche geltend und begehren dabei unter anderem wegen der "Gefahr von Schimmelpilzbildung" in den gemieteten Räumen die Feststellung einer näher bezifferten Mietminderung sowie die Zahlung eines Kostenvorschusses für die Mängelbeseitigung (insbes. Anbringung einer Innendämmung).
In beiden Verfahren hat das Berufungsgericht eine Minderung wegen der „Gefahr der Schimmelpilzbildung“ festgestellt und im Verfahren VIII ZR 271/17 den Vermieter überdies zur Zahlung eines Kostenvorschusses in Höhe von 12.000 € zur Anbringung einer Innendämmung verurteilt. Zwar hätten die Wohnungen zur Zeit ihrer Errichtung den geltenden Bauvorschriften und DIN-Vorgaben sowie den damaligen Regeln der Baukunst entsprochen. Nach der Verkehrsanschauung dürfe ein Mieter allerdings auch ohne besondere vertragliche Vereinbarung stets einen "Mindeststandard zeitgemäßen Wohnens" erwarten, der heutigen Maßstäben gerecht werde. Auf Grundlage der heute gültigen DIN-Vorschriften ergebe sich angesichts der Wärmebrücken in beiden Wohnungen jedoch ein konkretes Risiko der Schimmelpilzbildung, welches die Mieter allein mit "alltagsüblichem Lüftungs- und Heizverhalten" nicht verhindern könnten. Denn von einem Mieter könne nicht verlangt werden, dass er ein Schlafzimmer auf mehr als 16 Grad und die übrigen Zimmer auf mehr als 20 Grad beheize oder darauf verzichte, seine Möbel ohne Abstand an den Außenwänden aufzustellen. Auch ein sogenanntes Querlüften ("Durchzug") könne dem Mieter nicht abverlangt werden; vielmehr sei lediglich ein zweimaliges Stoßlüften von bis zu zehn Minuten pro Tag zumutbar. Bei alledem komme es auch nicht darauf an, wieviel Feuchtigkeit durch das konkrete Nutzungsverhalten der jeweiligen Mieter entstehe, solange es sich im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs (Aufenthalt, Waschen, Kochen, Duschen etc.) bewege. Sei unter den genannten Bedingungen nicht sichergestellt, dass es zu keiner Schimmelpilzbildung komme, liege bereits hierin ein bauseits bedingter und vom Vermieter zu vertretender Mangel, so dass es nicht darauf ankomme, ob Schimmel auch tatsächlich aufgetreten sei.
Die Entscheidung: Der BGH gibt dem Vermieter Recht und lehnt einen Mangel und damit Gewährleistungsansprüche des Mieters ab. Wärmebrücken in den Außenwänden seien dann nicht als Sachmangel einer Mietwohnung anzusehen, wenn dieser Zustand mit den zum Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes geltenden Bauvorschriften und technischen Normen in Einklang steht.
Ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder mindert und deshalb dem Mieter (unter anderem) ein Recht zur Mietminderung (§ 536 Abs. 1 BGB) sowie einen Anspruch auf Mangelbeseitigung (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) gewährt, setze eine für den Mieter nachteilige Abweichung des tatsächlichen Zustandes der Mietsache vom vertraglich vorausgesetzten Zustand voraus. Ohne besondere Vereinbarung der Mietvertragsparteien könne der Mieter dabei nach der Verkehrsauffassung erwarten, dass die von ihm angemieteten Räume einen Wohnstandard aufweisen, der bei vergleichbaren Wohnungen üblich ist. Gebe es zu bestimmten Anforderungen technische Normen, ist jedenfalls deren Einhaltung geschuldet. Dabei sei nach gefestigter Senatsrechtsprechung grundsätzlich der bei Errichtung des Gebäudes geltende Maßstab anzulegen. Diesem Maßstab entsprächen die Wohnungen der Mieter jedoch, so dass ein Sachmangel nicht vorliegt. Denn in den Jahren 1968 bzw. 1971 habe noch keine Verpflichtung bestanden, Gebäude mit einer Wärmedämmung auszustatten und war demgemäß das Vorhandensein von Wärmebrücken allgemein üblicher Bauzustand.
Zwar habe der Senat in seinem Urteil vom 26. Juli 2004 – VIII ZR 281/03 entschieden, dass auch ein Mieter einer Altbauwohnung ein Mindeststandard der Elektroinstallation erwarten könne, die den gleichzeitigen Betrieb von zwei Elektrogeräten ermöglicht und einen Mangel der Mietsache bejaht, wenn dies (bauzeitenbedingt) nicht möglich ist. Auf die Beschaffenheit der Wohnung bezüglich der Wärmedämmung sei diese Entscheidung nicht übertragbar. Denn der Mieter könne bei Anmietung einer Altbauwohnung hinsichtlich des baulichen Zustands nicht einen Neubaustandard erwarten, ohne dass dies konkret vereinbart wäre. Das abzuverlangende Lüftungsverhalten sei für einen Mieter auch nicht unzumutbar.
BGH, Urt. v. 22.08.2018 – VIII ZR 99/17
Mangel der Mietsache: Kann der Mieter auch dann mindern, wenn er gar nicht in der Wohnung lebt?
Die Pflicht des Vermieters, die Wohnung „zum vertragsgemäßen Gebrauch“ zu überlassen und sie fortlaufend in diesem Zustand zu erhalten (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB) setzt nicht voraus, dass der Mieter die Sache tatsächlich nutzt und ihn der Mangel daher subjektiv beeinträchtigt. Daher kann der Mieter auch dann die Miete wegen eines Defekts der Gastherme mindern, wenn er die Wohnung vollständig einem Dritten überlassen hat.
Der Fall: Ein Mieter bewohnt seit dem Jahr 2016 nicht mehr seine angemietete Wohnung, sondern hat sie einem nahen Familienangehörigen vollständig überlassen. Aufgrund eines behaupteten Defekts der Gastherme mindert er die Miete, wofür er eine Minderung von 15% ansetzt. Da der Vermieter widerspricht, erhebt der Mieter Klage auf Feststellung der Minderung und Instandsetzung. Das Landgericht weist die Klage ab mit der Begründung, dem Mieter fehle schon das Rechtsschutzbedürfnis, weil er selbst gar nicht mehr in der Wohnung lebe. Der Mieter legt Nichtzulassungsbeschwerde ein.
Die Entscheidung: Der BGH gibt dem Mieter Recht. Er habe ein Rechtsschutzinteresse. Denn der Vermieter bestreite den Instandsetzungsanspruch, so dass er auf die gerichtliche Geltendmachung angewiesen sei. Ohne Bedeutung sei, ob der Mieter selbst in der von ihm gemieteten Wohnung lebe oder sie nahem Familienangehörigen überlassen habe.
Der längere Ausfall einer Gastherme stelle einen Mangel dar. Da die Wohnung mit Heizung vermietet wurde, schulde der Vermieter die Versorgung mit Wärme. Dies werde auch nicht durch die Überlassung der Wohnung an Dritte ausgeschlossen. Denn den Vermieter treffe die Pflicht, die Wohnung „zum vertragsgemäßen Gebrauch“ zu überlassen und sie fortlaufend in diesem Zustand zu erhalten (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Dabei sei unerheblich, ob der Mieter die Sache tatsächlich nutzt und ihn der Mangel daher subjektiv beeinträchtigt.
Dem Anspruch des Mieters stehe schließlich auch nicht der Einwand gem. § 242 BGB (Treu und Glauben) entgegen. Auch wenn dem Mieter im Hinblick auf die Überlassung der Wohnung an Familienangehörige ein vertragswidriges Verhalten anzulasten sein sollte, hindere dies die Geltendmachung des Instandsetzungsanspruchs nicht, weil die Erhaltungspflicht des Vermieters angesichts des mangels Kündigung fortbestehenden Mietverhältnisses nicht berührt werde.
LG Krefeld, Urt. v. 20.12.2017 – 2 S 65/16
Mangel der Mietsache: Ist nach Beendigung des Mietverhältnisses die Nutzungsentschädigung zu mindern?
Der Fall: Das Mietverhältnis über ein Einfamilienhaus wurde durch fristlose Kündigung des Vermieters am 22.10.2013 beendet. Der Mieter gibt das Wohnhaus erst Mitte September 2014 zurück. In der Zwischenzeit bezahlt er nicht die volle Nutzungsentschädigung. Der Vermieter nimmt ihn daher auf Zahlung von 7.380,00 € in Anspruch. Der Mieter meint, die Nutzungsentschädigung sei wegen Mängeln der Mietsache gemindert gewesen. Erst im Prozess zeigt er verschiedene Mängel, wie z.B. Schimmelbildungen im 1. OG an. Zudem gäbe es Putzschäden an der Hinterfassade, die Kellertür sei teilweise weggefault und die Klingel- und Briefkastenanlage sei unansehlich.
Hintergrund:
§ 546a BGB Entschädigung des Vermieters bei verspäteter Rückgabe
(1) Gibt der Mieter die Mietsache nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht zurück, so kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung als Entschädigung die vereinbarte Miete oder die Miete verlangen, die für vergleichbare Sachen ortsüblich ist.
(2) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
Der Vermieter kann gem. § 546a Abs. 1 1. Alt. BGB als Nutzungsentschädigung die vereinbarte Miete verlangen. Die vereinbarte Miete ist grundsätzlich die zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses geschuldete Miete. Ist diese nicht gemindert, scheidet auch eine Minderung der Nutzungsentschädigung aus. Mängel, die nach Beendigung des Mietverhältnisses auftreten, berechtigen grundsätzlich nicht zur Minderung der Nutzungsentschädigung (BGH, Urt. v. 27.05.2015 – XII ZR 66/13). Dies resultiert daraus, dass dem Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses kein Mängelbeseitigungsanspruch mehr gegen den Vermieter zusteht, da vertragliche Erfüllungspflichten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehen (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 546a Rdn. 13).
Die Entscheidung: Das LG Krefeld gibt der Zahlungsklage des Vermieters statt. Die geschuldete Nutzungsentschädigung entspreche der Höhe nach der Miete bei Beendigung des Mietverhältnisses am 22.10.2013. Da diese ungemindert gewesen sei, sei auch die Nutzungsentschädigung nicht gemindert. Dabei könne dahinstehen, ob die Mietsache mangelhaft war, weil der Mieter während der Mietzeit etwaige Mängel nicht angezeigt habe. Die Mangelanzeige, welche Voraussetzung für die Geltendmachung der Minderung ist, könne auch nicht nach Beendigung des Mietverhältnisses nachgeholt werden. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass Mängel, die während der Nutzungsentschädigung entstehen, nicht zu einer Minderung führen (BGH, Urt. v. 27.05.2015 – XII ZR 66/13). Es sei nicht ersichtlich, warum ein Mieter, der eine rechtzeitige Mängelanzeige unterlässt, besser gestellt sein sollte, als ein Mieter, bei dem ein Mangel erstmals während der Zeit der Nutzungsentschädigung auftritt.
Schließlich führten auch die Mängel im Äußeren nicht zu einer Minderung, da diese unerheblich seien (§ 536 Abs. 1 Satz 3 BGB). Denn hierbei handle es sich nur um Äußerlichkeiten bzw. Unansehlichkeiten und damit unerhebliche Mängel.
Kammergericht, Beschl. v. 26.07.2018 – 8 U 17/17
Parkett: Wie ist ein Wasserschaden zu beseitigen?
Lässt der Mieter das Parkett wegen der Beseitigung eines Wasserschadens komplett abziehen und neu versiegeln, wird dadurch die Nutzdauer des Parketts verkürzt. Diese Wertminderung hat der Mieter gem. § 280 Abs. 1 BGB als Schadensersatz zu ersetzen.
Der Fall: Der Mieter mietet eine Wohnung mit frisch verlegten, neuen Parkett an. Nach einer Mietzeit von 7 Jahren verursacht der Mieter einen Wasserschaden am Parkett dadurch, dass ein auf dem Boden stehender Blumentopf Wasser verloren hat. Der Vermieter fordert den Mieter zur fachgemäßen Mangelbeseitigung auf. Der Mieter lässt eine Fachfirma den Wasserfleck begutachten; diese stellt fest, dass aus Gründen der optischen Einheitlichkeit das gesamte Parkett im Zimmer abgeschliffen werden müsse. Der Mieter lässt den Schaden entsprechend beseitigen (rd. 3.000 €). Nach Fertigstellung der Arbeiten begutachtet der Vermieter das Parkett und fordert vom Mieter weiteren Schadensersatz dafür, dass sich durch das Abschleifen die Lebenszeit des Parketts verkürzt habe.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige kommt zum Ergebnis, dass auch ein Austausch der durch Feuchtigkeit beschädigter Parkettstäbe möglich gewesen wäre. Durch das Abschleifen des gesamten Parketts sei die Nutzstärke des Parketts von 3,5 mm auf 2,3 mm reduziert worden, wodurch sich die Lebensdauer des Parketts vermindert habe. Der Vermieter macht den Minderwert auf Grundlage eines Kostenvoranschlags für die Neuverlegung von Parkett in Höhe von rd. 3.000 € geltend.
§ 249 BGB Art und Umfang des Schadensersatzes
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.
§ 251 BGB Schadensersatz in Geld ohne Fristsetzung
(1) Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen.
Die Entscheidung: Das Kammergericht gibt der Klage des Vermieters überwiegend statt. Der Mieter habe den Wasserschaden nicht ordnungsgemäß beseitigt und dadurch das Eigentum des Vermieters verletzt, so dass der Mieter Schadensersatz schuldet gem. § 280 Abs. 1 BGB. Zu einer ordnungsgemäßen Beseitigung des Wasserschadens hätte es ausgereicht, die einzelnen Parkettstäbe auszutauschen. Der Mieter habe diesen Schaden auch verschuldet, weil er sich das Verschulden der von ihr beauftragten Fachfirma zurechnen lassen müsse gem. § 278 BGB. Der Schaden ermittle sich entsprechend den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen wie folgt: Die durchschnittliche Lebensdauer der Versiegelung betrage 12 Jahre. Ausgehend von der Nutzstärke des Parketts von 3,5 mm könne es 4x abgeschliffen werden. Damit habe die Soll-Lebensdauer zum Zeitpunkt des Abschleifens des Parketts 53 Jahre betragen (4x12 Jahre + 5 Jahre = 53 Jahre). Da nunmehr das Parkett nur noch 3x abgeschliffen werden könne, betrage die Ist-Lebenszeit unter Berücksichtigung des Umstands, dass der Vermieter das Parkett nach 7 Jahren Vertragslaufzeit in frisch abgeschliffenem Zustand zurück erhalten hat 36 Jahre, mithin 32% weniger. Die Wertminderung betrage daher 32% von 6.733,76 € (= Kostenvoranschlag für Neuverlegung), demnach 2.154,80 €. Da der Vermieter den merkantilen Minderwert gem. § 251 BGB fordere, sei auch die Umsatzsteuer nicht abzuziehen.
BGH, Urt. v. 12.06.2018 – VIII ZR 121/17
Mieterhöhung nach Modernisierung: Welche formellen Anforderungen hat ein Mieterhöhungsschreiben zu dessen Wirksamkeit einzuhalten (hier: Wärmedämmung der Außenfassade)?
Der Fall: Der Vermieter bringt eine Wärmedämmung an die Außenfassade an. Nach Fertigstellung nimmt er mit Schreiben vom 24.02.2012 eine Mieterhöhung um monatlich 195,20 € vor. Als Modernisierungskosten gibt er einen Betrag von 191.580 € an. Ersparte Instandsetzungskosten zieht er nicht ab. Hinsichtlich der Energieeinsparung nimmt er Bezug auf das Ankündigungsschreiben vom 27.12.2010, in welchem es hieß, dass im Bereich der gesamten Hausaußenwandfläche auf die (bisher ungedämmte) Wand eine Thermoisolierung von 140mm aufgebracht werde, um die Wärmedurchgangsverluste in einem erheblichen Umfang zu reduzieren, entsprechende Energiekosten einzusparen und den CO2-Ausstoß zu vermindern. Der Mieter widerspricht der Mieterhöhung, weil seiner Ansicht nach das Mieterhöhungsschreiben bereits formell unwirksam, weil der Abzug für ersparte Instandsetzungskosten nicht angegeben sei und die Energieeinsparung nicht ausreichend dargelegt sei; hierzu wäre es notwendig gewesen, die alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten anzugeben.
Das Landgericht hält das Mieterhöhungsschreiben für formell wirksam und ermittelt die umlegbaren Kosten unter Berücksichtigung der ersparten Instandsetzungskosten auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens auf 146.650 €. Aus diesem Grund erkannte das Landgericht nur auf eine Mieterhöhung um 148,80 €. Der Mieter legt Revision ein.
§ 559 BGB Mieterhöhung nach Modernisierungsmaßnahmen
(1) Hat der Vermieter Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b Nummer 1, 3, 4, 5 oder 6 durchgeführt, so kann er die jährliche Miete um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen.
(2) Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären, gehören nicht zu den aufgewendeten Kosten nach Absatz 1; sie sind, soweit erforderlich, durch Schätzung zu ermitteln.
Die Entscheidung: Der BGH gibt dem Vermieter Recht. Das Mieterhöhungsschreiben vom 24.02.2012 genüge in Verbindung mit der Modernisierungsankündigung vom 27.12.2010 den gesetzlichen Voraussetzungen.
Dies gelte zunächst insoweit, als der Vermieter keinen Abzug für ersparte Erhaltungsaufwendungen vorgenommen hatte.
Zwar könne dann, wenn mit einer Modernisierungsmaßnahme fällige Instandsetzungsmaßnahmen erspart werden, der auf die Instandsetzung entfallende Kostenanteil nicht auf den Mieter umgelegt werden (§ 559 Abs. 2 BGB). Dementsprechend müsse auch aus der Modernisierungsmieterhöhungserklärung hervorgehen, in welchem Umfang durch die durchgeführten Maßnahmen fällige Instandhaltungskosten erspart wurden. Diesen Anforderungen werde die Mieterhöhung vom 24.02.2012 jedoch gerecht, weil der Vermieter hierin unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe, dass er die Baumaßnahme als reine Modernisierungsmaßnahme ansehe. Zwar sei ein solcher Abzug nach dem Sachverständigengutachten zwingend vorzunehmen. Dies berühre jedoch ausschließlich die materielle Begründetheit des Mieterhöhungsschreibens.
Es fehle auch nicht an einer hinreichenden Erläuterung im Hinblick auf die Energieeinsparung. Bei Baumaßnahmen, für deren Beurteilung es – wie vorliegend – umfangreicher technischer Darlegungen bedürfte, sei es ausreichend, wenn der Vermieter die durchgeführte Baumaßnahme so genau beschreibt, dass der Mieter anhand dessen, ggf. unter Zuhilfenahme einer bautechnisch oder juristisch sachverständigen Person, beurteilen kann, ob die Baumaßnahmen eine Modernisierungsmaßnahme darstellen. „Für bauliche Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie ergibt sich daraus, dass der Vermieter in der Mieterhöhungserklärung neben einer schlagwortartigen Bezeichnung der Maßnahme und einer Zuordnung zu den Positionen der Berechnung diejenigen Tatsachen darlegen muss, anhand derer überschlägig beurteilt werden kann, ob die bauliche Veränderung eine nachhaltige Einsparung von Heizenergie bewirkt.“ Die Annahme des Berufungsgerichts, dass die Erläuterung des Vermieters, ein bis dahin ungedämmtes Mauerwerk mit einer 140 mm starken Thermoisolierung zu versehen, entspreche den gesetzlichen Anforderungen, sei nicht zu beanstanden. Der Vermieter sei auch nicht verpflichtet gewesen, außerdem noch die Wärmedurchgangskoeffizienten der Wände vor und nach der Durchführung der Dämmmaßnahme zu ermitteln und anzugeben. Im Unterschied zum Fall des Austausches von Fenstern gehe es hier darum, dass die Wärmedämmung zum Mauerwerk schlicht hinzukomme, so dass für die Plausibilität einer Energieeinsparung die Wärmedurchlasskoeffizienten für die Nachvollziehbarkeit und damit formelle Wirksamkeit des Mieterhöhungsschreibens nicht notwendig seien.
Anmerkung: Ein richtiges und wichtiges Urteil. In der Instanzrechtsprechung ist leider noch immer die Tendenz zu erkennen, Mieterhöhungen bereits an formellen Anforderungen scheitern zu lassen. Insbesondere Mietervereine und deren rechtliche Vertreter beißen sich an vermeintlichen Begründungsfehlern fest, so dass dieses Urteil hoffentlich Signalwirkung haben wird.
BGH, Beschl. v. 21.08.2018 – VIII ZR 92/17
Verzinsung von Kautionen: Kann ein Unverzinslichkeit in Altverträgen formularvertraglich vereinbart werden?
Ein formularmäßig vereinbarter Ausschluss der Verzinsung eines Kautionsguthabens in einem im Jahr 1966 abgeschlossenen Wohnungsmietvertrag hält einer Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.
Der Gesetzgeber hat die Verzinslichkeit der Mietkaution erst im Jahr 1980 angeordnet, und auch dies zunächst nur für einen Teilbereich des sozialen Wohnungsbaus (§ 9 Abs. 5 WoBindG). Für preisfreien Wohnraum wurde erstmals mit Gesetz vom 20.12.2082 eine Verzinsungspflicht ins BGB aufgenommen. Da demnach ein Vermieter im Jahr 1966 rechtlich nicht zur Verzinsung der Mietkaution verpflichtet war, sei ein formularmäßiger Ausschluss nicht zu beanstanden.
BGH, Urt. v. 22.08.2018 – VIII ZR 287/17
Anfangsrenovierung: Kann diese im preisgebundenen Wohnraum auf den Mieter abgewälzt werden?
Auch bei der Kostenmiete im preisgebundenen Wohnraum ist es dem Vermieter gestattet, die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abzuwälzen oder alternativ nach § 28 Abs. 4 Satz 2 II. BV einen Zuschlag für die von ihm zu tragenden Schönheitsreparaturen zu nehmen, der sich bis auf 8,50 €/m² belaufen kann (ab 1.1.2014 10,32 €/m²). Die Übernahme der Anfangsrenovierung durch den Mieter begegnet daher dann keinen Bedenken, wenn die damit verbundenen Leistungen den Rahmen der Kostenmiete nicht übersteigen und eine Individualvereinbarung vorliegt.
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